DER "DIALOG-TRICK"

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Beim "Dialog-Trick" nehmen Sie den gesamten Text (in einer gesonderten Datei) und schneiden den Dialog aus bzw. löschen Sie alles bis auf die wörtliche Rede, sodass Sie nur den Namen des Sprechers und das, was er sagt, vor sich haben.
z. B.:
A: "Hallo B. Ich rufe nur kurz an, um zu sagen, dass es später wird."
B: "Du kommst schon wieder zu spät?!"

Der "Dialog-Trick" hat drei Funktionen. Die erste ist, zu realisieren, wie oft man bestimmte Floskeln oder Worte benutzt. Wenn Sie z. B. ständig schreiben: "Äh, ich weiß nicht", können Sie davon ausgehen, dass der Leser es merken wird. Und es wird ihn nerven.

Sie hingegen sehen solche Dinge aufgrund Ihrer Betriebsblindheit erst, wenn Sie den Dialog so "nackt" vor sich haben. Der "Trick" besteht also darin, diese Blindheit zu durchbrechen. Jetzt haben Sie die Chance, sich ständig wiederholende Floskeln oder Worte zu korrigieren.

Kürzen Sie "Hallo A.", "Hallo B.", "Wie geht's?", "Gut, und dir?"" usw. mit einem schlichten "sie begrüßten einander" ab. Reduzieren Sie banale Auseinandersetzungen auf "sie stritten sich wieder einmal über seine herumliegenden Socken."

Beschränken Sie sich bei Ihren Dialogen auf die Handlung. Das bedeutet nicht, dass man nicht auch mal etwas Banales, etwas Witziges etc. einflechten kann, damit ein Handlungsstrang nicht zu "straight", zu sachlich oder zu unromantisch gerät, aber überlegen Sie sich genau, wie viel Banalität Sie wirklich brauchen.

Viel entscheidender ist es, lebendige Dialoge zu schaffen, die sich mit der Sache an sich beschäftigen, die Konflikte erzeugen. Sprecher, die sich gegenseitig unterbrechen, weil sie etwas wild diskutieren, die nicht exakt auf das antworten, was gefragt wurde, was den anderen wiederum stört usw.

Die zweite Funktion des "Tricks" ist, Ihren Figuren durch eine individuelle Sprechweise mehr Charakter, Tiefe und Lebendigkeit zu verleihen. Stellen Sie sich die jeweilige Figur mitsamt ihrer Stimme vor und gehen Sie die entsprechenden Sätze durch, sprechen Sie sie laut, denn nur dann bekommt wörtliche Rede ein Gesicht bzw. eine Stimme.

Überlegen Sie dabei: Würden Sie so sprechen? Würden Ihre Figuren tatsächlich so reagieren? Unterhalten sich Leute wirklich so? Hierbei entwickeln Sie auch ein Gefühl dafür, wie banal Sie werden dürfen, ohne Ihre Leser zu Tode zu langweilen.

Vermeiden Sie Liebesgesäusel. Auch in Liebesromanen. Mal "Schatz", "Mausi" etc. als Anrede zu benutzen, ist mitunter ganz nett, nervt aber, wenn es sich ständig wiederholt. Vermeiden Sie es, die Figuren ständig mit Namen anzusprechen, es sei denn, es handelt sich um eine Gesprächsrunde mit mehreren Personen. Aber auch dann sollten Sie das sorgsam dosieren. Oder beginnen Sie wirklich jeden Ihrer Sätze mit dem Namen der Person, die Sie ansprechen? Es gibt Leute, die das tun, und Sie können z. B. einer Ihrer Figuren diese Angewohnheit verleihen, aber es sollte nicht die Regel sein.

Die dritte Funktion des "Tricks" ist, die Handlung zu korrigieren. Ergibt das, über was sich die Figuren unterhalten, Sinn? Kommen Wiederholungen vor? Dreht sich alles ständig im Kreis? Antwortet die eine Figur wirklich auf die Frage der anderen? (Siehe oben - Letzteres ist nicht unbedingt notwendig, es sollte darauf aber irgendeine Reaktion erfolgen.)

Wenn Sie die korrigierten Dialoge wieder in den Text einsetzen, verändert das natürlich die Handlung. Es macht viel Arbeit, aber Sie werden sehen, dass dieser "Trick" die Geschichte enorm aufwerten wird.

    Grundsätzlich sei zum Dialog noch gesagt:
  • Vermeiden Sie Monologe. Hat der Charakter viel zu erklären, unterbrechen Sie den Monolog durch Rückfragen eines anderen Charakters, lassen Sie ihn eine Pause machen, binden Sie dazwischen Beschreibungen des Ortes oder Handlungen ein.
  • Bedenken Sie, dass Frauen und Männer unterschiedlich kommunizieren. Es gibt zwar auch kommunikative Männer, aber in der Regel reden sie weniger, drücken sich kürzer aus, würden bestimmte Begriffe nicht unbedingt verwenden ("süß" z. B.), sind direkter, kommen schneller auf den Punkt.
  • Wörtliche Rede muss nicht unbedingt grammatikalisch korrekt sein. Hier sind also bewusste Fehler, Umgangssprache, verkürzte Wörter ("Was 'n das für 'n Scheiß?") etc. erlaubt. ABER - übertreiben Sie es nicht. Wörtliche Rede sollte wie gesprochene Sprache klingen, aber ein übermäßiger Gebrauch von Umgangssprache, "äh"s und "oh"s wird für den Leser schnell anstrengend, vor allem, wenn es sich oft - weil es ein Markenzeichen der Figur sein soll - wiederholt. Fängt die Figur z. B. jeden Satz mit "na ja" an, wird der Leser sie irgendwann nicht mehr mögen.

Nicht direkt zum Dialog gehörend, aber unmittelbar damit verbunden, ist der Beisatz. Sicher haben Sie irgendwann mal gehört, man sollte nicht ständig "sagte er" schreiben, weil es langweilig ist. Richtig. ABER - man sollte auch nicht ins gegensätzliche Extrem fallen und versuchen, "kreative" Ausdrücke dafür zu finden wie "schnauben", "zischen", "stammeln" etc. Solche Wörter sollte man dosiert und absolut nur dann einsetzen, wenn es WIRKLICH passt, ansonsten wirken Ihre Charaktere gestört und unfreiwillig komisch, überdreht oder sogar dumm. Sich zu überlegen, WIE etwas gesagt wird, gehört also mit zur Gestaltung von Dialogen.

Ein anderes Extrem ist, den Beisatz einfach wegzulassen. Das kann man hier und da machen, aber wenn man einen längeren Dialog ohne Beisätze schreibt, weiß der Leser irgendwann nicht mehr, wer was sagt.

Eine gute Methode ist, den Beisatz durch eine Handlung oder eine Beschreibung zu ersetzen.
z. B.:
"Weiß ich nicht." Gedankenverloren sah A. aus dem Fenster.
Geht nicht immer, aber wenn man hier eine gute Mischung findet - der gewöhnliche Beisatz ("sagte, meinte, fragte er"), kein Beisatz und Beisatz ersetzt durch Handlung oder Beschreibung - kann man einen lebendigen Text schaffen.

Achten Sie, wie schon erwähnt, dabei immer darauf, dass wörtliche Rede und Sprecher im gleichen Absatz stehen. Die einzige Form, in der eine Vermischung "erlaubt" ist, sind Dinge wie: "...?",fragte sie, doch er schüttelte nur den Kopf und wandte sich ab.



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